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Heute erscheint der Alltag wieder besonders hart zu bestreiten, so ganz allein. Die Finger wählen die Tasten «1», «4», «3». Ein kurzes, gespanntes Warten darauf, dass sich am anderen Ende der Leitung eine Stimme meldet: «Die Dargebotene Hand… Grüezi.»Die Stimme gehört zu Kim. Sie ist eine von rund 60 freiwillig Mitarbeitenden bei Telefon 143 – Die Dargebotene Hand Ostschweiz und Fürstentum Liechtenstein. Gerade ist sie an ihrem «zweiten Arbeitsplatz» angekommen, wo sie den Anrufenden für die nächsten Stunden ihr Ohr und ihre Zeit schenkt. Meist kommt sie direkt von ihrer regulären Arbeitsstelle, wo sie in einem 70%-Pensum ebenfalls Menschen in ihrem Alltag unterstützt. Die Postauto-Fahrt dazwischen nutzt die 51-Jährige, um «runterzufahren» und sich auf die bevorstehende Aufgabe einzustimmen. Das ist auch Teil ihres Erfolgsgeheimnisses, wie sie alles unter einen Hut bekommt: Familie, Haus, Job – inkl. Herzens-Engagements wie unter anderem bei 143.ch. Gute Organisation und das Schaffen von kleinen «Inseln der Erholung und Entspannung» wie Kurz-Urlaube, Treffen mit Freunden oder die Fasnacht hälfen ihr durch den vollgepackten Alltag.
«Manchmal muss ich also schon ein bisschen peilen, damit ich die Einsätze am Telefon in meinem Kalender unterbringen kann – vor allem die Nachtdienste, die ich aber so mag», meint Kim auf die Frage, wie sich die Dargebotene Hand in ihren Alltag einfügt. Äusserst hilfreich ist für sie dabei das Kalender-Tool, über das sich die freiwillig Mitarbeitenden eigenständig von überall her in den Schichtplan eintragen können. Die durch diesen Online-Planer geschaffene Flexibilität wirkt sich für alle Beteiligten positiv aus. Denn es können so auch Änderungswünsche oder kurzfristige Ausfälle durch Krankheit recht spontan aufgefangen werden. Das ist bei einem Non-Stop-Betrieb über 24 Stunden, 365 Tage im Jahr natürlich unabdingbar.
Meistens kommt es anders
Zurück im «143.ch-Alltag» bei der eben begonnenen Nachtschicht von Kim. Sie hatte noch einige Minuten Zeit, sich mit der vor ihr diensthabenden Person auszutauschen: «War viel los heute? Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen muss, beispielsweise über einen von Seite der Hilfesuchenden angekündigten Folgeanruf?». So wie Kim schätzen viele der freiwillig Engagierten diesen Austausch unter Kolleg*innen sehr. Das ist eine Komponente, welche bei praktisch jedem Dienst stattfindet. Ansonsten, so der O-Ton unter den freiwillig Mitarbeitenden, kommt es meistens anders als gedacht; kein Dienst ist wie der andere oder wie vielleicht erwartet.
Was leider immer öfters Alltag am 143.ch sei, beobachtet Kim, sind Personen mit psychischen Problemen, die sich an die Dargebotene Hand wenden. Ein wichtiger Teil bei solchen Anrufen stellt dann die «Alltagsbewältigung» dar, welche nicht mehr natürlich stattfinden könne. Oftmals ist es dann nicht ein «konkret benennbares Problem», sondern das primäre Bedürfnis ist, sich mitzuteilen und zu erfahren, dass Anliegen oder Ängste geteilt werden können. Für die Zuhörenden ist in solchen Fällen nicht immer unmittelbar greifbar, ob und wie sie weiterhelfen konnten. Das ist bei einer Person in einer akuten Krisensituation einfacher spürbar: «Man merkt vielleicht direkt, wenn sie nun wieder zufriedener ist, nachdem sie sich etwas erarbeitet hat, bei dem ich begleiten durfte», so unsere Freiwillige, die aus Gründen beidseitiger Anonymität bei ihrem Engagement bei uns das Pseudonym Kim trägt.Einfach « nur » zuhören
Begleiten, nicht beraten: das ist wichtig bei der Dargebotenen Hand. Das war eine rechte Umstellung, als die Berufsbeiständin vor rund neun Jahren das erste Mal im Dienst für 143.ch war. Denn im Job sei sie angehalten, aktiv Menschen in ihrem Alltag zu beraten. Mittlerweile geniesse sie es sehr, nicht beraten zu müssen und einfach zuzuhören. Diese Freude spürt man richtig, wenn Kim von ihrem freiwilligen Engagement erzählt: «Es ist ein grösserer Aufwand als anderswo, aber ich konnte extrem viel lernen und profitieren, sei dies in der Aus- oder in der regelmässigen Weiterbildung. Ich erfahre eine immense Dankbarkeit für mich persönlich und meine Familie, mein Umfeld – und man bekommt einfach auch sehr viel von den Anrufenden zurück.»