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ZurückWinterthur, Schaffhausen, FrauenfeldWeihnachten 2023: Ein Zeichen; Worte und Geschichten
News14.12.2023Zu Weihnachten etwas sagen heisst, zur Weihnachtsgeschichte etwas sagen. Und das ist immer und immer wieder gemacht worden, seit langer Zeit. Vieles ist ergänzt und ausgebaut worden. Die Figuren haben Tiefe und immer wieder neue Aktualität bekommen. Doch Vertiefungen und Erweiterungen sind möglicherweise für den Moment ausgeschöpft.
Neues ist nicht in Sicht. Man könnte nur noch ein weiteres Mal einen zusätzlichen König erfinden (den vierten gibt es bereits). Zu Ochs und Esel und Katze und Hund (und Vogel und Laus und Maus) noch ein weiteres Tier, vielleicht einen Wüstenfuchs einfügen. Zum Friedensengel noch einen nächsten streikenden oder noch einen, der nicht ganz erwachsen ist. Zu der himmlischen Engelschar wieder eine Gruppe von Engeln, die ihren schwächsten Kollegen mobbt, am besten wie immer jenen, der von Weihnachten am meisten berührt ist. Zu den Hirten eine weitere Hirtin. Zum Stern ein weiteres Licht, das brennt oder erlöscht oder geschenkt wird. Zu Gold, Weihrauch und Myrrhe Lametta, Bratenduft und Propolis.
Zu Augustus einen weiteren Bürokraten, der keine Ahnung hat, was seine Befehle auslösen. Zu Quirinius einen weiteren Politiker, mit dem man eine sofort verständliche Zeitangabe erreicht (als T. zum ersten Mal zum Präsidenten gewählt worden war, zum Beispiel, wie gehabt). Zu Herodes einen neuen aktuellen Gewaltherrscher (das wäre noch immer besonders einfach). Zur überfüllten Herberge ein weiteres Motel an einem Grenzzaun. Zur Futterkrippe im Stall eine Garage, wo ja auch im 20. Jahrhundert Prägendes geschehen ist.
Zu den Hohen Priestern und Schriftgelehrten, die Herodes ohne Zögern ihr Wissen um den Geburtsort des göttlichen Kindes preisgeben zusätzliche religiöse Würdenträger in der Kritik. Hier in der Weihnachtsgeschichte in einem besonders ursprünglichen Kontext beurteilt: Pfarrpersonen oder Seelsorgende, die sich wie ihre elitären Kollegen damals unentbehrlich machen wollen und lieber an ihrer Weihnachtspredigt arbeiten als einer Aussenseiterin Hilfe zu leisten.
Zu Josef noch einen weiteren Mann und Vater, der seine Rolle sucht und deshalb gerade nicht im Mittelpunkt steht. Zu Maria eine weitere Mutter, eine neue Freundin, die diesmal den Muttermythen nicht entsprechen will. Oder eine weitere Frau, die keine Worte mehr in ihrem Herzen bewegt sondern wie erwartet die Bilderflut aus den omnipräsenten Gerätschaften am Verarbeiten ist.
Zur Heiligen Familie eine weitere zusammengewürfelte Wohngemeinschaft von Einsamen, die am Weihnachtsabend zusammen kochen und Erfüllung finden.
Und zum göttlichen Kind? Zum Immanuel, zu Jesus?
Das Kind, das geboren ist, wird in seinem späteren Leben an entscheidenden Punkten schweigen. Das Kind wird vor Gericht kommen. Vor die damalige religiöse Elite und vor Pilatus und vor Herodes. Von ihm wird es später einmal heissen: «Jesus aber schwieg» (Matthäus 26,63), «und er antwortete Pilatus auf keine einzige Frage» (Matthäus 27, 14), und «so stellte Herodes ihm mancherlei Fragen; er aber gab ihm keine Antwort» (Lukas 23, 9).
Bleiben wir also dieses Jahr beim biblischen Kind, das keine Worte formuliert und keine Geschichten erzählt. «Und dies sei euch das Zeichen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer Futterkrippe liegt» (Lukas 1, 12).
Das Kind, das noch nicht spricht, ist das Zeichen. Darüber hinaus gibt es gegenwärtig angesichts der in den letzten dreissig Jahren bereits durchgespielten Variationen keine Motivation, die Weihnachts-geschichte durch neue Figuren zu aktualisieren. Feiern wir im Zeichen des Kindes: Gott mit uns.
Bettina Wiesendanger, Pfarrerin im Kanton Zürich und Kantonsschullehrerin im Kanton St. Gallen