Interview mit Martina

In welcher Phase deines Lebens hast du mit ehrenamtlicher Tätigkeit begonnen?
Ich musste eine mir sehr nahestehende Person zwangsweise in die Psychiatrie einweisen lassen und habe einen grossen Teil der Bewältigung der Krise mitgetragen. Dies hat mich geprägt und neugierig gemacht auf andere Seiten des Lebens. Da kam die Ausbildung zur Telefonberaterin wie gerufen – obschon ich bis zu meinem ersten Telefon nicht wusste, ob ich das kann.

Gab es oder gibt es verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten im Verlauf deines Lebens?
Ja, ich war einige Jahre Jugendriegenleiterin und besuche aktuell regelmässig eine betagte Frau im Altersheim.

Was motiviert dich, unentgeltlich für Die Dargebotene Hand tätig zu sein? 
Einen Teil von dem Glück zurück zu geben, das ich selber in meinem Leben erfahren darf. Mir Zeit zu nehmen, für andere da zu sein. Ich verstehe das als meinen ganz persönlichen Beitrag zum hektischen Alltag, wo leider so viel Zwischenmenschliches keinen Platz mehr hat. Wichtig ist mir auch, das Vertrauen der Anrufenden erfahren zu dürfen und bei den Gesprächen immer auch wieder etwas Neues dazulernen zu können. 

Was sind die Unterschiede für dich zur bezahlten (Berufs-) Arbeit? Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen ehrenamtlicher und bezahlter (Berufs-) Arbeit?
Gemeinsam ist die Verpflichtung, abgemachte Zeiten einzuhalten. Also,  

 

ob Beruf oder ehrenamtliche Tätigkeit - es geniesst beides bindende Priorität. Gleichzeitig aber werden die Anforderungen im Beruf immer höher. Wenn die eigene Energie anfängt zu leiden, wird die Priorität verschoben zu Gunsten vom Beruf als „Brötchengeber“.

Welches sind die positiven Erfahrungen der ehrenamtlichen Tätigkeit?

Ich lerne viel über mich und meine Mitmenschen. Ich freue mich, dass ich Zeit weitergeben kann und dies von unseren Anrufenden auch oft geschätzt wird. Zudem merke ich, wie einiges Wissen durch die Beratungen auch in meine persönliche oder berufliche Situationen einfliesst, wovon ich profitieren kann.

Gibt es allenfalls auch kritische Erfahrungen?
Die Erwartungshaltung von gewissen Anrufenden kann hie und da – je nach eigener Verfassung - ungeduldig machen. Auch das Wissen, dass doch einige Menschen sehr einsam, von der Gesellschaft und zum Teil von sich selber an den Rand gedrängt leben, macht sprachlos.

Hast du Empfehlungen für Menschen, die sich unentgeltlich für eine Organisation einsetzen möchten?
Sich und sein Herz öffnen, sich Zeit nehmen, neugierig sein, mutig sein, lachen können und immer die Sinne geöffnet halten, für das, was man für sich selber wieder lernen kann. Und das ist einiges.

Wie waren die Reaktionen auf ihre Tätigkeit bei Tel 143?
Positiv. Zum Teil sind die Leute erstaunt über die grosse Präsenzzeit.